Über neunzig Jahre alt ist Rosa Masur, als sie für ein "Jubiläumsbuch", das anläßlich der 750-Jahr-Feier der deutschen Stadt Gigricht erscheint, aus ihrem Leben erzählen soll. Erst wenige Monate zuvor ist sie mit Sohn Kostik und Schwiegertochter Frieda aus Rußland ausgewandert; da kommt das Honorar für die Mitarbeit an dem Buch gerade recht. Und Rosa erinnert sich: an den jüdischen Flüchtling Gebels, der 1941 für einen Verwandten von Reichspropagandaminister Goebbels gehalten wird, an den fehlenden Buchstaben in einer Hausübung, der ihren Sohn ins Gefängnis bringt, und an Stalin, mit dem sie eine ganz besondere Geschichte verbindet.
In Vladimir Vertlibs mehrschichtigem Roman wechseln die Schilderungen des oft absurden Immigrantenalltags im Deutschland der Gegenwart mit Rosas Lebenserinnerungen ab. Ein Städtl im polnisch-russischen Grenzgebiet, in dem Rosa aufgewachsen ist, die Pogrome während des Bürgerkriegs, die Stadt Leningrad in der "Aufbauphase" des Kommunismus, der politische Terror der dreißiger Jahre, die Leningrader Blockade im Zweiten Weltkrieg und Stalins Judenverfolgungen sind der Hintergrund für ein russisch-jüdisches Frauenschicksal.
Vertlib erzählt spannend und mit viel Ironie von Luftmenschen und Schmugglern, Menschenfressern und Hexen, Antisemiten und Bürokraten, und immer wieder verwischen sich die Grenzen der Erinnerung...
"Rosa Masurs Gedächtnis umfasst das 20. Jahrhundert; was sich als jüdische Familiensaga aus Weißrussland anlässt, rekapituliert in perfekter Balance des Komischen und Tragischen anschaulich die Geschichte der Sowjetunion und schließt mit einem ironisch-kritischen Blick auf den Westen. Mit Bedauern klappt man das dicke Buch nach Beendigung der Lektüre zu." Wendelin Schmidt-Dengler
"Den Vergleich mit Joseph Roth oder Isaac B. Singer braucht Vladimir Vertlib nicht zu scheuen." Alexander Kissler, Frankfurter Allgemeine Zeitung