1881 verbringt Friedrich Nietzsche seinen ersten Sommer in Sils-Maria im Oberengadin. Hier im Hochgebirge, "6000 Fuß jenseits von Mensch und Zeit", hat er an einem hellen Augustvormittag 1881 ein Offenbarungserlebnis, das er im Rückblick immer stärker mystifizieren wird: die Erkenntnis von der ewigen Wiederkehr. Ausgehend von diesem Erlebnis und dem Gedanken, der ein Angelpunkt seines Werks werden soll, schildert Sabine Appel Nietzsches persönlichen und werk-geschichtlichen Werdegang auf seinen diversen Stationen: Röcken, Naumburg und Schulpforta, Bonn, Leipzig, Basel und Tribschen, Bayreuth, Basel, Sorrent, St. Moritz, Venedig, Genua, Sils-Maria, Rapallo, Nizza, Turin, Basel, Jena und schließlich Weimar, umnachtet seit Jahren und so auch auf seiner letzten Station. Mit Sensibilität und kritischer Reflexion zeichnet Sabine Appel den Weg eines Denkers nach, der wie niemand sonst das Selbstverständnis des 20. Jahrhunderts geprägt hat, dem aber in seine letzte Nacht niemand mehr folgen konnte.
Günther Anders, der damals noch Günther Stern hieß, studierte 1921-24 in
Freiburg bei Husserl und Heidegger Philosophie. Er spielt im Kreis der
früheren Schüler eine Sonderrolle, denn er war der einzige, der sich letztlich
ganz aus der akademischen Welt entfernte. Aber seine Auseinandersetzung
mit dem Denken Heideggers dauerte jahrzehntelang und beschäftigte ihn noch
nach der Rückkehr nach Wien im Jahre 1950. Die Texte in diesem Band dokumentieren
diese Auseinandersetzung und zeichnen den Weg der langsamen Ablösung von
Heidegger, dem "heimlichen König" der deutschen Philosophie (Hannah Arendt),
nach. Anders kehrte sich von 1930 an ebenso regelmäßig von der Philosophie
ab, wie er sich ihr wieder zuwandte; zeitlebens suchte er die politische
Intervention. Seine Arbeiten über Heidegger zeugen von kritischer Angriffslust,
von stilistischer Schärfe, aber auch von seinem philosophischen Ernst.
Denn Anders' Einwendungen gegen Heidegger sind mehr als äußerliche Ideologiekritik.
Es finden sich bei ihm Einwände, die in den Kern von Heideggers Denken
selbst eingreifen. Darüber hinaus werden in Anders' Auseinandersetzung
mit Heidegger Gesichtspunkte deutlich, die in der aktuellen Debatte um
die Gentechnik als Korrektiv dienen können. "Heideggers Philosophie entpuppt
sich letztlich als ein komisches Phänomen", schreibt Anders an einer Stelle.
"Irgendwie schlägt die bloße Selbsterhitzung des Eigentlichwerdens in so
etwas wie Tat um; aber eben doch in eine solche Tat, die in die falsche
Richtung ausschlägt". Der Grund liege darin, daß Heidegger in die "wirkliche
Welt", nämlich "in die geschichtliche Situation, nicht hineinblicken will".