Bahnhöfe, Flughäfen, Fährterminals, Wartehallen, Haltestellen, Raststätten, Tankstellen, Parkhäuser,
Brücken, Tunnel, Schleusen, Kanäle, Autobahnen, U-Bahnen, Seilbahnen, Schwebebahnen, Gangways,
Fahrstühle, Rolltreppen und andere Gerätschaften des Transits potenzierten im letzten Jahrhundert die Möglichkeiten, jeden Ort hinter sich zu lassen. Sie sind damit Manifeste einer ephemeren Moderne, die immer an der Schwelle zum Kommenden stand. Unsere Welt ist enger geworden. Angesichts der Kriege der letzten Jahre, wer würde dem siebzehnjährigen Neffen heute noch eine Radtour bis in den Kaukasus empfehlen? Welche junge Bauforscherin nutzt ihr DAI-Reisestipendium heute noch für die einsame Umrundung des Mittelmeers im VW-Bus? Wer heute von einer Urlaubsreise in Übersee zurückkommt, hat sich ob seines CO2- Fussabdrucks zu rechtfertigen. Wer mit dem Auto zur Arbeit fährt, wird vom Kollegen im Lastenfahrrad überholt. Die sozialen und kulturellen Möglichkeiten sorgenfreier, unproblematischer, auch unüberlegter beschleunigter räumlicher Veränderung sind eingeschränkt. Die damit verbundenen
Orte und Bauwerke aber sind uns noch erhalten. Sie stehen still.
Infrastrukturen dienen dazu, dass alles im Fluss bleibt. Wer in Verkehrsinfrastrukturen denkt, sieht auch Architektur und Stadt primär als fließenden Straßenraum. Aber als materielle Objekte haben Infrastrukturen eine eigene physische Präsenz und Geschichte. Diesem baulichen Erbe des 20. Jahrhunderts widmen sich die Beiträge dieses Heftes.