Direktvertriebe und Multi-Level-Marketing Unternehmen sind in Deutschland bisher wissenschaftlich wenig beachtet worden. Dies ist erstaunlich, nicht nur weil sie trotz eines strittigen Rufes zunehmend an Bedeutung gewinnen, sondern auch, weil es sich um ungewöhnliche Organisationen handelt: Ihre Außendienstmitglieder sind rechtlich selbständig, so dass zentrale Merkmale klassischer Organisationen wie ein hierarchischer Aufbau mit der dazugehörenden Weisungsbefugnis von F- rungskräften oder ein Arbeitsvertrag, der das Verhältnis von Arbeitnehmern und Arbeitgebern maßgeblich reguliert, entfallen. Bei der vorliegenden Studie von Claudia Groß handelt es sich somit aufgrund mehrerer Aspekte um eine Pionierarbeit: Sie durchleuchtet erstmals wissenschaftlich die Organisationsform Direktvertrieb in Deutschland. Ihre Arbeit verdeutlicht, welche verschiedenen Formen des Direktvertriebs existieren, welche Daten zu dieser Organisationsform vorliegen, was diese Unternehmen im Unterschied zu bürokratischen Organisationen kennzeichnet und auch, welche Kritik an (manchen) Unternehmen dieser 'Branche' geübt wird. Neben diesen Grundlagen zum Dire- vertrieb in Deutschland bietet die Analyse eine überzeugende und beeindruckende Antwort auf die bisher weitgehend unerforschte Frage, wie Organisationen ohne Hierarchie und Weisungsbefugnis rechtlich selbständige Unternehmensmitglieder motivieren und steuern können. Für diese Analyse greift Claudia Groß auf zentrale Konzepte organisationaler Kontrolle zurück und nutzt diese in äußerst gelungener Art und Weise, um den internen Aufbau von Direktvertrieben zu verdeutlichen. Mit ihrer Analyse trägt Claudia Groß nicht nur wesentlich zum Forschun- stand bei, sondern geht auch über den bisherigen internationalen Stand in der -rektvertriebsforschung hinaus.
Direktvertriebe und Multi-Level-Marketing-Unternehmen sind auf dem Vormarsch. Während die Produkte großer Unternehmen durchaus bekannt sind, ist das Wissen darüber, wie diese Organisationen intern funktionieren, gering. Claudia Groß stellt die Funktionsweise des Direktvertriebs exemplarisch an drei ausgewählten Unternehmen dar. Im Fokus ihrer Untersuchung stehen das Selbstbild und die Kultur dieser Organisationen. Sie zeigt, dass die Unternehmen Ideale wie Gemeinschaft, Freiheit oder Chancengleichheit nutzen, um ihre selbstständigen Mitglieder ohne Arbeitsverträge und formale Weisungsbefugnis zu motivieren und zu kontrollieren.
Die Arbeit wurde mit dem Dissertationspreis der Karin-Islinger-Stiftung der Universität Mannheim ausgezeichnet.