Vor rund 300 Millionen Jahren führte eine mächtige Granitintrusion zur Bildung des Sockels des heutigen Mont-Blanc-Massivs. Die in den Alpen heute noch aktive Gebirgsbildung hob dieses Granitherz langsam an; in der Folge wurde es von Witterungseinflüssen modelliert und von tektonischen Bewegungen zerrissen und präsentiert sich so heute unseren Augen. Der Granit ist ein Gestein, das seinen Ursprung im langsamen Erstarren des im Innern der Erdkruste geschmolzenen Magmas hat. In diesem Sinn ist der Mont Blanc aus dem Feuer entstanden - was
einleuchtet, betrachtet man die rötliche Farbe seiner Gendarmen. Ein Charakterzug, der sich auch in der Topografie widerspiegelt: Die felsige Wasserscheide etwa, die von der Aiguille du Dru zum Mer de Glace herabzieht, wird "Flammes de Pierre" genannt, die Steinflammen. Neben dem Fels ist das Eis das andere Material, das die majestätische, vielfältige Architektur des Massivs bestimmt hat. Die Gletscher haben Wände geformt und Täler eingegraben, durch die wir heute ansteigen oder mit den Ski abfahren. Der Gipfel des Mont Blanc selbst erreicht und überschreitet die 4800 Meter nur dank der dicken Eiskuppe, die seine felsige Basis überzieht. Die Höhe und die klimatische Situation haben bedeutende Gletschermassen bewahrt, die wir - trotz ihres unaufhaltbaren Rückgangs - in ihrer ganzen Gewalt bewundern können.
Schon seine Formen und Farben heben den Mont Blanc vom Rest des Alpenbogens ab; doch seine Geschichte macht ihn unter allen Bergen der Welt einzigartig: Der Alpinismus ist am Mont Blanc entstanden, und hier haben sich die Hauptetappen seiner Entwicklung abgespielt. In den letzten zwei Jahrhunderten haben sich die Spuren im Schnee seiner Gletscher vervielfacht, angefangen von den ersten Nagelschuhstapfen zum präzisen Abdruck der modernen Steigeisen.
Generationen von Alpinisten haben sich an seinen Wänden gemessen, haben Anstiege wiederholt oder neue Herausforderungen angenommen, für die das Massiv eine unerschöpfliche Quelle bietet. Waren die Beweggründe der Pioniere naturalistischer oder wissenschaftlicher Art, so wichen sie mit der Zeit dem Abenteuer und der Romantik, um in den letzten Jahren immer stärker auf den Ausdruck purer sportlicher Leistung zu fokussieren. Parallel zum heutigen Trend - ausgerichtet auf sehr schwierige, einer Handvoll exzellenter Bergsteiger vorbehaltene Anstiege
im kombinierten Gelände - stellt dieses Buch eine Auswahl von mittelschweren Routen vor.
Sie sind mit entsprechender Vorbereitung jedermann zugänglich. Auf diesen Touren steht nicht die rein sportliche Leistung im Vordergrund, sondern das Gesamterlebnis, bei dem auch die Eleganz der Linien und die daraus entstehende Harmonie der Bewegungen von Bedeutung sind. So können wir an den hier vorgeschlagenen Plaisir-Kletterrouten und an den historischen Anstiege der Pioniere ganz in die einmalige Atmosphäre des Mont Blanc eintauchen. Und dies ohne zu grossen Leistungsdruck oder zu viel Risiko, welche die Schönheit dieser zauberhaften Welt ersticken könnten.
Marco Romelli
Vor rund 300 Millionen Jahren führte eine mächtige Granitintrusion zur Bildung des Sockels des heutigen Mont-Blanc-Massivs. Die in den Alpen heute noch aktive Gebirgsbildung hob dieses Granitherz langsam an; in der Folge wurde es von Witterungseinflüssen modelliert und von tektonischen Bewegungen zerrissen und präsentiert sich so heute unseren Augen. Der Granit ist ein Gestein, das seinen Ursprung im langsamen Erstarren des im Innern der Erdkruste geschmolzenen Magmas hat. In diesem Sinn ist der Mont Blanc aus dem Feuer entstanden - was